Vor genau 5 Jahren, im Januar 2018, habe ich unten stehenden Text geschrieben. Er wäre gedacht gewesen für die damalige Ausgabe der Dorfzeitung Nr. 1/2018. Er wurde damals von der Redaktion abgelehnt mit der Begründung, er sei zu politisch. Ich habe ihn aber wieder ausgegraben, weil das Thema inzwischen in aller Munde ist und wir mit der Homepage www.fokus4704.ch ein unabhängiges Publikationsorgan zur Verfügung haben.
Die ersten beiden Abschnitte des Textes sind bereits Geschichte, denn die Profile sind zum Teil durch Baugruben abgelöst worden und der Bahn entlang ist ebenfalls bereits eine Baubewilligung erteilt worden. Doch die Gedanken haben nichts an Wichtigkeit verloren, im Gegenteil. Hier der ursprüngliche Text:
Wer in diesen Tagen via Kirchgasse ins Oberfeldquartier fährt, spaziert oder radelt, wird die ausgesteckten Bauprofile entdecken. Nicht nur die Höhe dieser Stangen, sondern auch die flächenmässige Dimension dieser Überbauungsvorhaben lassen aufhorchen.
Ein Immobilien-Investor hat das ganze Gelände aufgekauft mit der Absicht, sieben Mehrfamilienhäuser entlang der SBB-Linie am Hofackerweg und weitere fünf Einfamilienhäuser sowie 3 Doppeleinfamilienhäuser am Oberfeldweg zu erstellen. Damit ist das Gelände noch nicht ausgefüllt, denn entlang des Asterweges bietet sich noch die Gelegenheit, eine dritte Phase anzuschliessen. Insgesamt müssen wir also mit ca. 100 neuen Wohneinheiten rechnen.
Aus der Presse ist bekannt, dass Grossinvestoren aus den finanzstarken Agglomerationen Zürich, Luzern und Zug in ihren Stammlanden an Grenzen stossen und ihre Hände ausstrecken in ländliche Regionen des Mittellandes, die in der Regel gut an den Transitverkehr angebunden sind. Zudem sind die Landpreise noch moderat und können bei grossflächigen Kaufangeboten nochmals zum Ausverkaufsniveau heruntergedrückt werden.
Die Versuchung ist also gross, sein Grosskapital in Immobilien zu investieren. Die Bank hat ausgedient als Geldanleger-Institution. In die Bresche springen offenbar die Gemeinden des Mittellandes mit ihren letzten Baulandreserven. Dabei ist es offenbar wichtig, die Fläche auszupressen, um die Rendite zu maximieren.
Wollen wir unser Dorf diesem Trend preisgeben auf Kosten einer angenehmen Wohnqualität?
Von Seiten der Behörden wird argumentiert, dass die Stimmbürger im Jahre 2012 der Zonenordnung zugestimmt hätten und dass die eingegebenen Bauprojekte den vorgeschriebenen Höhen-, Breiten- und Längenmassen entsprechen würden. Das ist zwar korrekt, aber ich bin sicher, dass die Stimmbürger damals von der Voraussetzung ausgegangen sind, dass Wohnraum geschaffen werden soll, wenn Bedarf vorhanden ist. Anlässlich der letzten Gemeindeversammlung ist das aktuelle Baureglement und der Zonenplan von Seiten der Behörden als problematisch bezeichnet worden. Warum also nicht diese in Frage stellen und korrigieren, damit künftiges Bauen besser eingebunden werden kann.
Mit dieser heutigen Grossinvestorensituation wird der Zonenplan missbraucht und umgedeutet zu Gunsten von Immobilienmaklern und zu Ungunsten der hiesigen Dorfbevölkerung, die bis heute davon ausgegangen ist, dass Quartiere massvoll und nachhaltig sich entwickeln sollen und dass sich Bauprojekte in die bestehende gewachsene Wohnlandschaft einfügen werden. So steht es nämlich auch im Baureglement unserer Gemeinde. Wir dürfen also davon ausgehen, dass diese ästhetische Aussage über die Wohnqualität mindestens so viel wiegt wie die Höhen-, Längen- und Breitenmasse.
Bleibt noch ein letzter Gedanke, nämlich die inflationäre Verkehrsentwicklung bei solchen Bauvorhaben. Wer kennt nicht die engen Strassenverhältnisse an der Kirchgasse und am Oberfeldweg, wo ein Kreuzen stellenweise gar nicht möglich ist. Viele Schulkinder, Bahnbenützende, Kirchengängerinnen und Kirchengänger, Friedhofsbesuchende, Spazierende und Sporttreibende benutzen genau diese Strassen. Von diesem massiven Mehrverkehr ist aber letztendlich das ganze Dorf betroffen.
Hoffen wir auf einen konstruktiven Umgang mit dieser Herausforderung unter Einbezug aller Beteiligten und unter Gleichbehandlung aller Interessierten. Wir wollen die Wohnqualität in unserem Dorf erhalten und ein wildes Zubetonieren vermeiden.
Text aus dem Jahre 2018